Metainformationen zur Seite
  •  

Medialitätsbewusstsein der Lehrkräfte fördern

Angehenden Lehrkräften wird wie den heutigen immer noch überwiegend eine veraltete Vorstellung des Medienbegriffs vermittelt. Medien seien „Mittler“ - in dieser Vorstellung gehören Overheadprojektoren, Arbeitsblätter, die grüne Tafel usw. zu den Medien. Der Medieneinsatz hat sich in dieser Definition dem Primat der Didaktik unterzuordnen. Das Unterrichtsziel bestimmt, welche Medien sinnvoll zum Einsatz kommen. In fast allen Fällen wird heute noch in der Schule dieses Prinzip beherzigt. Medien konstituieren mittlerweile gesellschaftliche Prozesse, wie es die Eisenbahn im Europa der Industrialisierung und bei der Erschließung des Westens der USA getan hat. Politiker kommen ohne Werbung in sozialen Netzwerken nicht mehr aus. Gruppierungen nutzen soziale Medien gezielt zur Beeinflussung ganzer Bevölkerungsgruppen. Auf Basis von Big Data werden Versicherungstarife berechnet und Stauvorhersagen gemacht, die Finanzierungsgrundlagen eines unabhängigen Journalismus geraten durch das Agieren globaler datenverarbeitender Unternehmen unter Druck – Dinge, die vor zwei Jahrzehnten noch nicht denkbar waren und die in ihren ethischen Auswirkungen auf Gesellschaft erst allmählich in den Fokus rücken. Das Internet ist als Medium dabei die konstituierende Struktur und am ehesten analog zum Schienennetz der Eisenbahn zu sehen. Endgeräte sind nicht Medien, wie ICEs nicht die Eisenbahn sind. Endgeräte sind lediglich Portale oder Zugänge zu dieser konstituierenden Struktur. Ein Fokus auf Endgeräte zeigt daher nie das volle Potential der Nutzungs- und Erkenntnismöglichkeiten auf, die diese Struktur bietet. Arbeitet bezogen auf das gesellschaftlich wesentlich überschaubarere Feld „Unterricht“ eine Lehrkraft mit kollaborativen Werkzeugen, entfallen u.U. didaktisch sinnlose Tafelabschriften und es werden Zeitressourcen für problemorientierte Aufgabenstellungen frei, die ohne digitale Medien in dieser Form bisher nicht denkbar waren. Ein verändertes und verinnerlichtes Verständnis des Medienbegriffs ist Grundlage für ein verändertes Lehr- und Lernverständnis im Zeitalter der Digitalisierung. Das kommt nicht von selbst und benötigt viel Zeit.